Veränderungen in der Sakramentenpraxis

von Johannes Bürger
 

Nach dem 2. Vatikanischen Konzil (1962 - 65) hat sich in unserer Kirche sehr viel verändert. Ein großer Teil der Katholiken ist darüber sehr froh, andere - vor allem ältere Mitchristen - erfüllt das mit Besorgnis und Traurigkeit.
So ist das auch in unserer Gemeinde. Die bevorstehende diesjährige Firmung durch Herrn Weihbischof Karl Reger, Aachen, ist Anlass, einmal kurz darüber nachzudenken, was in der Sakramentenpraxis in den letzten 25 Jahren - auch bei uns - anders geworden ist.

Taufe:
Früher wurden die Kinder zwei oder drei Tage nach ihrer Geburt still getauft - an einem Wochentag; manchmal in der Krankenhauskapelle. Anwesend waren neben der Hebamme, die das Kind trug, die Paten und die Geschwister des Täuflings; nicht einmal immer der Vater. Die Mutter konnte ja sowieso nicht dabei sein. Anschließend war zu Hause ein kleiner Taufkaffee. Die Gemeinde und die Großfamilie nahmen das Ereignis nicht zur Kenntnis.

Bußsakrament:
In der Regel ging man monatlich zur Beichte oder zu Ostern, Allerheiligen und Weihnachten, mindestens aber einmal jährlich. Vor Ostern und Weihnachten standen in unserer Kirche lange Schlangen vor drei Beichtstühlen (Pastor, Kaplan und Pater). Viel war da Routine und "Abfertigung". Aber hat die Beichte nicht auch viel innere Ruhe und Versöhnung mit Gott und dem Mitmenschen bewirkt? Es kam oft zu "Seelenführung"; heute würden wir sagen "Menschenführung". Ist es falsch zu sagen, die Psychiater hätten zu dieser Zeit weniger zu tun gehabt? Man fragt sich, ob die heutigen Bußfeiern, deren Besuch ja auch schon immer mehr nachlässt, Ersatz für die Beichte sein können (von der eigentlichen sakramentalen Seite einmal abgesehen).

Kommunionempfang:
Die Ehrfurcht vor dem Herrn in Brotsgestalt äußerte sich insbesondere in zweifacher Hinsicht: einmal im Nüchternheitsgebot, wonach man am nächsten Morgen nur dann kommunizieren durfte, wenn man seit 24.00 oder 0.30 Uhr nachts weder etwas gegessen noch getrunken hatte. Dieses Gebot wurde so scharf ausgelegt, dass es Fälle gegeben hat, dass Kommunionkinder am Weißen Sonntag nicht zur Kommunion gehen durften, weil sie - irrtümlich - morgens einen Schluck Wasser getrunken oder ein Bonbon gegessen hatten. Wahrlich absurd!
Zum anderen wurde den katholischen Christen eingeschärft, dass sie nach Empfang der geweihten Hostie in Form der Mundkommunion die Hostie auf der Zunge zergehen lassen mussten und sie diese keinesfalls mit den Zähnen zerbeißen und zerkauen durften. Wer dies trotzdem tat, war ehrfurchtslos.
War dies das richtige Verständnis vom Leib Christi als Speise?

Firmung:
Die Firmvorbereitung bestand darin, dass die Schulklassen, die gefirmt werden sollten, an vier Sonntagnachmittagen vor dem Firmtermin Firmunterricht in der Kirche hatten. Wir waren dann zu etwa 150 - 200 Kindern. Einer der Lehrer oder auch ein anderer Erwachsener war für 50 -100 Kinder Firmpate. Ich weiß beispielsweise nicht, wer mein Firmpate war. Eine häusliche Feier aus Anlass der Firmung war jedenfalls in unserer Gegend nicht üblich.
Ein Ratheimer sagte zu diesem Thema vor einigen Tagen: "Ich erinnere mich wohl noch an den Bischofsbesuch anlässlich meiner Firmung. Von der Firmung selbst weiß ich nichts mehr." So wird es den meisten von uns gegangen sein. Hoffen wir, dass dies bei unseren diesjährigen Firmlingen anders ist.

Es wäre gut, wenn diese Zeilen den einen oder anderen von uns etwas nachdenklich stimmen könnten. Nachdenklich darüber, was sich in unserer Kirche, in unserer Gemeinde in Bezug auf den Sakramentenempfang als die Basis eines Christenlebens zum Guten und was sich zum Negativen verändert hat.
Grundsätzlich kann man wohl sagen, dass die Christen früher im Sakramentenempfang ausschließlich ihre innere Verbindung zu ihrem Herrgott gesucht haben. Heute kommt wohl noch die Erwartung der Geborgenheit und der Gemeinschaft mit den Mitchristen hinzu. Das mag man unterschiedlich beurteilen!

(aus dem Pfarrbrief Sept. 1990)



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