Die erste Beichte

von Sibille Kurth
 

Der große Tag der ersten Beichte war gekommen. Aufgeregt hüpfte Klein-Ursel zur Kirche, frisch gewaschen und gekämmt. Weit war's ja nicht vom Kaufhaus am Markt bis zur Kirche. Aber bei der Kirchtreppe wurden ihre Schritte schon langsamer. Zaghaft drückte sie die schwere Kirchtüre auf. Sie quietschte ein bisschen. Mit klopfendem Herzen ging sie durch das rechte Seitenschiff, wo rechts der Beichtstuhl vom Herrn Pastor stand. Zwei Reihen kleiner Sünder knieten schon in den Bänken, ängstlich darauf bedacht, dass sich keiner vorpfuschte.

Endlich war auch Ursel an der Reihe und kniete vor das Gitter, hinter dem der Herr Pastor saß, eine weiße Serviette vor dem Gesicht ("damit man nicht sieht, wenn der Herr Pastor lacht," wie ein Kind sagte) und bemühte sich, ihre kleine Seele rein zu waschen. Wie erleichtert war sie doch nach dem "Ego te absolvo", und die Buße war dann nur noch eine Kleinigkeit.

Fröhlich kam Klein-Ursel nach Hause.

"Na, wie war's," fragte die Mutter, "hast Du auch alles gesagt?"
"Nein!" entrüstet sich Ursel.
"Wieso nicht?" fragt die Mutter erstaunt.
"Nun, der Herr Kaplan kauft doch auch hier, für den muss ich doch auch noch ein paar Sünden verwahren!"

Geschäft ist eben Geschäft!

(aus dem Pfarrbrief Weihnachten 1996)



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