Pfarrgemeinde St. Johannes d.T. Ratheim 

und unsere Gemeinschaft der Gemeinden

Portrait Hubert Thelen
Pater Thelen bei seiner Primiz 1940
Bildquelle: Photo im
Besitz von Johannes Bürger
 

Pater Hubert Thelen (1912 - 1986)

von Johannes Bürger (2008)
 

Der 9. August 1940 war für die Pfarre Ratheim ein besonderer Tag. An diesem Sonntag feierte der Steyler Pater Hubert Thelen (geboren am 10. Januar 1912 in Ratheim) seine Heimatprimiz. Hubert Thelen war einige Tage vorher in St. Augustin zum Priester geweiht worden. Ich war als 10-jähriger Messdiener bei der Primizmesse dabei und erinnere mich noch gut an die von Pastor Lorenz Offermanns gehaltene Primizpredigt.

Der Krieg hatte begonnen, der Frankreichfeldzug war "siegreich" beendet, die kirchenfeindliche Naziherrschaft war auf dem Höhepunkt. Da war es etwas ganz besonderes, dass der Neupriester Hubert Thelen von seinem Elternhaus in der Mühlenstraße in feierlicher Prozession zur Kirche geleitet werden konnte. Pater Thelen hat später erzählt, er habe als Junge die Missionspredigt eines Steyler Missionars gehört. Diese habe ihn so begeistert, dass er beschloss, Missionar zu werden. Das setzte er in die Tat um, so dass er nach seiner Volksschulzeit in Ratheim bei der Steyler "Gesellschaft des göttlichen Wortes" SVD eintrat. Er wollte in die Missionen.

Primiz Pater Hubert Thelen
Pater Thelen bei seiner Primiz 1940
Bildquelle: Photo im
Besitz von Johannes Bürger
 

Das war nach seiner Priesterweihe, wegen der Kriegsverhältnisse, nicht möglich. So kam er zunächst als Kaplan nach Veerdt am Niederrhein und dann nach Suhl in Thüringen. Nach dem Kriege schickte ihn sein Orden 1949 in die argentinische Mission. In Argentinien wirkte er bis zu seinem Tod im Jahre 1986. 1960 kam er zum ersten Mal auf Heimaturlaub nach Ratheim. Das war für ihn, für seine Familie und für seine ehemaligen Schulkameraden eine große Freude. (Übrigens sagte man von seinem Vater, dieser sei der freundlichste Mann in Ratheim, er grüßte nämlich alle Leute). Bei einem Treffen mit seinen Schulfreunden in seinem Elternhaus äußerte Hubert den Wunsch, einen Freundeskreis für die Mission ins Leben zu rufen.

Dieser Gedanke wurde von den Freunden begeistert aufgegriffen, und es trafen sich am 10. November 1961 25 ehemalige Schulkameraden im Café Knorr und gründeten den "Freundeskreis Pater Hubert Thelen". Sie bestimmten Josef Brückers, in Ratheim "Brückesch Jupp" genannt, zu dessen Leiter. Das war eine glückliche Wahl, denn Josef Brückers blieb der unermüdliche Initiator und Motor des Missionskreises bis zu seinem Tod im Jahr 1985. Man sah ihn täglich mit seinem schwarzen Pudelhund durch Ratheim gehen, um bei den Mitgliedern des Freundeskreises die "Missionsscherflein" einzuholen, was im Laufe der Jahre zu beachtlichen Ergebnissen führte.

Missionar Hubert Thelen
Beim Patronatsfest in seiner Pfarre in Argentinien 1970
Bildquelle: Photo im
Besitz der Familie Thelen
 

Mit den Überweisungen aus Ratheim konnte Pater Hubert in der Gegend von Santa Fe eine tägliche Kinderspeisung für ca. 100 Kinder finanzieren. Er gründete ein Institut, in dem Mädchen und Jungen eine handwerkliche Ausbildung durchlaufen konnten. Er sagte einmal bei einem Heimaturlaub: "Der heutige Missionar muss überwiegend als Sozialarbeiter tätig sein." Pater Hubert hatte ein Gebiet von 100 km im Umkreis seelsorgerisch und sozial zu betreuen. Ohne fahrbaren Untersatz war das unmöglich. Der Freundeskreis machte es möglich, dass er sich einen neuen Geländewagen anschaffen konnte. Auf ausdrücklichen Wunsch von Pater Hubert dehnte der Freundeskreis, der zeitweise 150 Mitglieder zählte, seine finanzielle Unterstützung auf Priesteramtskandidaten auf den Philippinen aus. Mehr als 30 junge Männer konnten durch die finanzielle Hilfe aus Ratheim zum Priestertum gelangen. Viele davon besuchten nach ihrer Weihe den Freundeskreis, für deren Mitglieder das immer wieder so etwas wie eine Primizfeier war.

1984 war Hubert Thelen zum letzten Mal auf Heimaturlaub. Damals war er gesundheitlich schon sehr angeschlagen. Am 26. Oktober 1986 ist er in Buenos Aires in Argentinien nach langem Krankenlager gestorben. Pater Braun, sein langjähriger Freund und Mitbruder in Argentinien teilte das dem Freundeskreis in Ratheim am 28. Oktober 1986 mit. Er beschrieb darin Pater Hubert Thelen so:

"Er war ein großer Missionar, sein natürliches Charisma eines ‚Draufgängers‘ hat er ganz in den Dienst seiner missionarischen Aufgabe gestellt, so dass er buchstäblich Tag und Nacht nur an die Ärmsten und Verlassensten dachte, um sie seelisch und menschlich Christus näher zu bringen.
So betreute Pater Hubert Thelen auf den weit entlegenen Estanzias im Norden von Santa Fe die armen Viehhirten, die nicht lesen und schreiben konnten und die weit von der zivilisierten Welt in totaler Abhängigkeit von den Gutsherren dahinvegetierten, um sie auf Taufe und Kommunion vorzubereiten und die Paare christlich zu trauen."

Der für die Arbeit von Pater Thelen unermüdlich tätige Josef Brückers war schon 1985 in Ratheim verstorben. Seine Tätigkeit in der Leitung des Freundeskreises setzten Hans Rombey und Agnes Bürger fort. Deren Nachfolge trat Kornelia Hermanns an, die diese Aufgabe mit viel Engagement bis heute erfüllt.

Leider ist die Mitgliederzahl des Ratheimer Freundeskreises auf 21 zusammengeschmolzen, die nach wie vor vierteljährlich zusammenkommen und ihr Missionsopfer in Erinnerung an Pater Hubert Thelen für die Straßenkinder in Kinshasa spenden, die von Steyler Patres betreut werden.


Aus dem Ratheimer Pfarrbrief Weihnachten 2008