Pfarrgemeinde St. Johannes d.T. Ratheim 

und unsere Gemeinschaft der Gemeinden


Das alte Ratheimer Rathaus

von Johannes Bürger
 

Zeichnung: Ratheim, Rathaus
Ratheimer Rathaus
 

Das alte Ratheimer Rathaus ist für uns Ratheimer neben der Pfarrkirche ein bedeutsamer Bezugspunkt.

Seit 1985 steht dieses Gebäude unter „Denkmalschutz". In der Denkmalliste ist dazu folgendes vermerkt:

"Verwaltungsgebäude, zwei Geschosse, Backstein verputzt und gestrichen, Satteldach, Marktseite 8 Achsen und Eingangsvorbau, Dachaufbau 1880, Kernbau 1868 wahrscheinlich zunächst als preußischer Schulbau entsprechend den bereits damals zu beachtenden Richtlinien erbaut und im Weiteren dann als Rathaus genutzt. Der Vorbau in der Vorderfront beinhaltet gutgestalterische Elemente des Siedlungsbaues der 20er Jahre mit expressionistischem Einschlag."

Das war also das Rathaus der Bürgermeisterei Ratheim – wahrscheinlich seit der Jahrhundertwende -, wozu auch Millich und Schaufenberg gehörten. 1935 wurde durch Anordnung des Oberpräsidenten der Rheinprovinz die sog. „Großgemeinde" Hückelhoven gebildet, zu der die Gemeinden Ratheim, Hückelhoven, Hilfarth und Kleingladbach – die Gemeinden um die Zeche Sophia-Jacoba – zusammengeschlossen wurden. Hückelhoven wurde zum Verwaltungssitz bestimmt. Die neue Gemeinde erhielt den Namen Hückelhoven. Rathaus wurde der sog. Bürgerhof in Hückelhoven.

Das erboste die Ratheimer Bevölkerung sehr, weil Ratheim bevölkerungsmäßig viel größer war als Hückelhoven und letzteres bis dahin nicht mal eine verwaltungsmäßig selbständige Gemeinde gewesen war, sondern zum Amt Doveren gehörte. Mit dieser gemeindlichen Neuordnung haben sich viele alte Ratheimer nie abgefunden. Dies klang bei einigen – so z.B. bei Heinrich Knorr und Peter Schlebusch - bis zu ihrem Tod in den 60er und 90er Jahren nach.

Nach dem Einmarsch der amerikanischen Streitkräfte im Jahre 1945 wurde der Ratheimer Pfarrverwalter, Arnold Walbert zum Bürgermeister der Gemeinde Hückelhoven bestimmt. Dieser verlegte den gemeindlichen Verwaltungssitz wieder ins Ratheimer Rathaus. 1949 bestimmte der erste gewählte Gemeinderat die alte evgl. Schule in Hückelhoven zum Verwaltungssitz.

Das Standesamt und eine Verwaltungsnebenstelle verblieben zunächst im Ratheimer Rathaus. In die bis dahin von der Lehrerfamilie Adolf Schmitz bewohnte Wohnung zog der Standesbeamte und Leiter der Nebenstelle Oberinspektor Josef Hansen ein, der darin mit seiner Frau bis zu deren Tod gewohnt hat. Die übrigen Räume wurden als Klassenräume für die evgl. Volksschule und später für die Hauptschule eingerichtet und verblieben dort bis zum Bezug des neuen Schulzentrums an der Wallstrasse.

Das Standesamt kam 1954 in das neue Rathaus in Hückelhoven. Die Verwaltungsnebenstelle, bei der alle täglich anfallenden Angelegenheiten, wie Rentenbescheinigungen, An- u. Abmeldungen, Steuerkarten, Personalausweise usw. erledigt werden konnten, blieb bis 1990.

Anfang der 80er Jahre richtete die Stadtverwaltung im alten Rathaus unter Leitung von Bodo Volkmann, dem vormaligen stellv. Amtsdirektor von Brachelen ein „Archiv zur Stadtgeschichte" ein, das nach einiger Zeit sehr wertvolle und interessante Urkunden, Dokumente, Chroniken u. ä. beinhaltete. Leider wurde das seit etwa 1995 nicht mehr weitergeführt.

Inzwischen ist das alte Rathaus sehr schön von innen und außen restauriert worden. Zusammen mit dem 1800 errichteten Ortskreuz stellt es ein Schmuckstück im Ortszentrum von Ratheim dar. Der Kunstverein Canthe präsentiert hier regelmäßig seine Kunstausstellungen, die VHS lädt zu Vorträgen ein. Neuerdings gibt es dort auch ein Trauzimmer, in dem auf besonderen Wunsch standesamtliche Trauungen stattfinden.

Jährlich am Altweiberdonnerstag stürmt die Ratheimer Karnevalsgesellschaft „All onger ene Hoot" das Rathaus und nimmt den Bürgermeister symbolisch gefangen.

So ist das alte Ratheimer Rathaus nicht nur Zeuge aus Ratheims Vergangenheit, sondern spielt auch heute noch eine Rolle im kulturellen Leben des Ortes.

(aus dem Pfarrbrief Weihnachten 2003)