"So war es ..." - Ein Bergmann erzählt

von Sibille Kurth
 

Um 5 Uhr in der Frühe weckte die Werksirene die Kumpel zur Frühschicht. Da hieß es raus aus den Federn, Brote richten und ab zur Arbeit. Die meisten Bergleute fuhren mit dem Fahrrad, das damals zum großen Teil noch durch eine Karbidlampe beleuchtet wurde.

10 vor 6 ging für die, die nicht pünktlich waren, nochmals die Sirene. Um diese Zeit wurden auch die Markennummern für das Umkleiden in der Waschkaue abgeholt. Dann ging es zur Lampenstube. Schießleute und Wetterleute bekamen Benzinlampen, die anderen Kumpel hatten die größeren Topflampen. Leuchten am Helm, wie sie heute üblich sind, gab es höchstens für Steiger.

Um 6 Uhr begann die Schicht. 15 Förderkörbe fuhren pro Schicht hinunter, jeder mit 4 Etagen à 12 Kumpel besetzt. 260 m-, 360 m- bis 600 m-Sohle wurden angefahren. Jeder Kumpel ging in sein Revier und wurde zur Arbeit eingeteilt.

Preßluft- und Pick-Hämmer lösten die Kohlen, die durch Rutschen auf die Förderwagen geschafft und von den Grubenpferden zum Schacht gezogen wurden. Jedes Pferd hatte 8 Wagen zu ziehen. Hängte man ihm einen weiteren Wagen an, blieb es einfach stehen und war durch nichts zu bewegen weiterzugehen. Die Pferde wurden von den Pferdejungen betreut und hatten die gleiche Arbeitszeit wie die Kumpel. Mit dem Pferdefutter kamen oft auch Mäuse ins Revier, so dass die Kumpel gezwungen waren, ihre Brote an Haken zu hängen, damit die Mäuse sie nicht vertilgten. An Pfingsten hatten die Grubenpferde 3 Tage Urlaub. Sie wurden in der Nacht auf eine Weide geführt, damit sie sich allmählich ans Tageslicht gewöhnen konnten.

Harte Handarbeit war es für Bergleute von 40 und mehr Jahren, und nach einer 8-Stunden-Schicht waren sie redlich müde, wenn ausgefahren wurde, sie die Lampen abgegeben, geduscht, die Kleidermarken kontrolliert und sich umgekleidet hatten.
Dann ging es zu Muttern und erst mal schlafen. Aber jeder Bergmann freute sich auch über seinen Garten, sein Schweinchen oder die Ziege, die Hühner, Tauben, Kaninchen oder anderes Kleinvieh.

Es war eine stille Zufriedenheit daheim, und wenn da alles in Ordnung war, sagte man frohen Herzens: "Glück auf!"
 

(aus dem Pfarrbrief März 1989)


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