Pfarrgemeinde St. Johannes d.T. Ratheim 

und unsere Gemeinschaft der Gemeinden


Probleme der Siedlungsgeschichte und Grundherrschaft

von Leo Gillessen, unter Mitarbeit von Peter Knippertz  


Ohne Übertreibung darf behauptet werden, daß die ältere Ratheimer Ortsgeschichte zu den interessantesten der Umgebung gehört — obgleich oder gerade weil sie den, der sich forschend mit ihr beschäftigt, vor einige Schwierigkeiten stellt, die aus einer gewissen Mehrschichtigkeit dieser Ortsgeschichte zu resultieren scheinen. Aber die damit gegebenen Probleme müssen gesehen werden, will man Ratheims Vergangenheit nicht mit dem Spätmittelalter enden lassen. 1)

Bereits in römischer Zeit gab es beiderseits des durch das Ortsgebiet führenden Heerwegs eine nennenswerte Besiedlung. 2) Doch hat diese Zeit weder siedlungs- noch bevölkerungsgeschichtlich direkten Anschluß daran, was sich seit den Tagen des Mittelalters Ratheim nennt. Nachdem sich die römischen Soldaten etwa um 450 aus diesem Raum zurückzogen, 3) wuchs nicht nur Gras, sondern weitgehend auch wieder Wald über die zurückgelassenen, bald verfallenden Siedlungsstätten.

Aus einer solchen mögen die römerzeitlichen Ziegelsteine stammen, die in viel späterer „steinarmer" Zeit im älteren Mauerwerk der Ratheimer Pfarrkirche eine Wiederverwendung fanden. Die Kirche im benachbarten Orsbeck ist ein noch anschaulicheres Beispiel dafür, in welchem Umfang man während des Mittelalters hierzulande römische Trümmerstätten als Steinbrüche ausgebeutet hat.

Die den Römern folgenden Franken kamen etwa im 6. Jahrhundert in unseren Raum. 4) Als viehzüchtende Bauern ließen sie sich bevorzugt auf leichteren Böden und in der Nähe von Wasser nieder. Diese Bedingungen fanden sie hier häufig an den Terrassenrändern und in den kleinen Bachtälern. Aus der eigentlichen sumpfigen Ruraue hielten sie sich dagegen fern.

Das mittelalterliche Ratheim reichte nicht unmittelbar bis an die Ruraue, sondern entstand auf einer unteren Terrassenstufe, die von den — früher fast jährlichen — Hochwässern des Flusses nicht erreicht wurde. Aus Richtung Gerderath-Altmyhl kommend, schneidet ein kleiner (heute weitgehend kanalisierter) Bach in die Terrassenstufe ein, dessen Unterlauf schon vor dem Eintritt in die eigentliche Ruraue sehr sumpfig war. Vor der Terrassenstufe mündete er, wie wahrscheinlich noch mehrere andere kleine Wasserläufe dieses Bereichs, in ein Sumpfgelände, das dem Fluß mit seinen Kiesbänken vorgelagert war. Flurnamen wie Venn (daher der Name Vennstraße), zum althochdeutschen „fenni" in der Bedeutung Sumpf, Marsch, Morast, und Ohe (Ohof), das auf althochdeutsches „aha" Wasser zurückgeht, bestätigen dies. 5)

Von den natürlichen Gegebenheiten her bot dieser Raum fränkischen Siedlern also gute Voraussetzungen. Daß hier tatsächlich mit einer fränkischen Besiedlung gerechnet werden muß, scheint der Fund eines Knicktopfes aus dem 6. Jahrhundert zu bestätigen, der zwischen Haus Hall und Busch dem Boden entrissen wurde. 5a)

Eine indirekte Spur der fränkischen Landnahme unter Ratheim könnte der Ortsname sein. Im niederrheinischen Raum bezeichnen Ortsnamen auf -heim vielfach alte fränkische Einzelhöfe. 6)

Die schriftliche Überlieferung Ratheims setzt viel später ein. Sieht man vom Hof Kobbendahl ab, der ohnehin abseits der alten Ortslage lokalisiert ist, bieten sie auch keinen Hinweis mehr auf eine frühe Einzelhofsiedlung. Ratheim erscheint in der schriftlichen Tradition als Dorfsiedlung, zu der auch Haus Hall eine abseitige Lage einnimmt. Dennoch stellt sich die Ratheimer Siedlungsgeschichte bei einem inten­siveren Studium der Quellen keineswegs so einfach dar, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag. Denn die Urkunden und Akten lassen erkennen, daß es hier frühzeitig zu unübersichtlichen Güterteilungen und damit vermutlich auch zum Entstehen neuer Siedlungen gekommen ist.

Die Dorfsiedlung Ratheim geht mit Sicherheit auf einen grundherrlichen Fronhofsverband an der Kirch- und Mühlenstraße zurück. An eben diesem Teil der Siedlung hängt der Ortsname Ratheim, wie die Blätter des Urkatasters aus den zwanziger Jahren des vergangenen Jahr­hunderts zeigen und sich auch aus den älteren Urkunden ergibt, auf die wir noch näher eingehen. Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang der Name des nördlich anschließenden Siedlungsteils „Gendorf". Er ist eine Verstümmelung des mundartlichen „an-gen Dorf" (an dem Dorf). Das Dorf, an dem der Siedlungsteil gelegen ist, kann nur mit der Kirch- und Mühlenstraße identisch sein.

Zwar läßt sich längst nicht jedes Dorf auf einen Fronhofsverband (Villikation) zurückführen; doch setzt die Existenz eines Fronhofsverbandes eine kollektive Siedlung, eine Dorfsiedlung, voraus. Die mittelalterliche Grundherrschaft organisierte ihren Besitz in eben solchen Fronhofsverbänden: Zu einem Fronhof (Herrnhof) gehörten mehrere kleine Bauerngüter. Der Grundherr überließ den Bauern aus seinem Be­sitz eine bestimmte Landfläche, die man als Hufe bezeichnet, zur eigenen Bewirtschaftung. Dafür schuldeten diese Hufenbauern dem Herrn Dienste (Frondienste) und bestimmte Abgaben (überwiegend Naturalzinse).

Der Grundherr stellte ihnen auch Gemeinschaftsanlagen zur Verfügung wie etwa eine Mühle oder eine auf seinem Grund und Boden errichtete Kirche, die man deshalb „grundherrliche Eigenkirche" nennt. Er behielt sich das Recht vor, den Geistlichen an der Kirche ein­zusetzen, das Patronatsrecht, das später zu einem Präsentations- oder Vorschlagsrecht gegenüber dem Bischof eingeschränkt wurde. Weil eine solche Kirche auch den Bauern des Fron­hofsverbandes zur Verfügung stand, ging ein Teil der Unterhaltung — meistens am Turm —zu ihren Lasten, während der Inhaber des Patronatsrechtes für das Kirchenschiff und die Ausstattung des Gotteshauses zu sorgen hatte.

Alle Angelegenheiten, die in irgendeiner Weise den Fronhofsverband betrafen, wurden durch das Fron- oder Hofgericht geregelt, das auch als Latbank bezeichnet wird. Als Laten bezeichnete man in der späteren Zeit die Inhaber der Bauerngüter, die aus alten Hufen hervorgegangen sind. Einige Laten wirkten am Hofgericht als Schöffen mit; der Grundherr führte den Vorsitz. In größeren Grundherrschaften, zu denen eine Vielzahl von Fronhofsverbänden gehörte, übernahm diese Aufgabe der grundherrliche Vogt oder auch der Schultheiß, der die Wirtschaft auf dem örtlichen Fronhof stellvertretend führte.

Lange Zeit war es den von einer solchen genossenschaftlichen Organisation abhängigen Bauern nicht möglich, sie aus freiem Willen zu verlassen, ohne damit ihre Existenzgrundlage zu gefährden. Dagegen hatte der Grundherr immer das Recht, eine ganze Villikation oder auch Teile davon und damit verbundenen Rechte einschließlich der abhängigen Leute frei zu veräußern.

Zu solchen Veräußerungen dürfte es in Ratheim bereits gekommen sein, bevor die schriftlichen Nachrichten einsetzen, und es erschien uns angebracht, kurz auf wesentliche Merkmale der mittelalterlichen Grundherrschaft einzugehen, um dies erkennen zu können. Nachzutragen bleibt noch, daß die geschilderten Formen der Grundherrschaft, die örtlich eine Reihe von Sonderformen entwickelte, 7) nicht über das 7./8. Jahrhundert hinausgehen, zur Zeit Karls des Großen ihre „klassische" Ausprägung erhalten haben und in Siedlungen, die nach dem 11./12. Jahrhundert entstanden sind, kaum noch festgestellt werden können.

Befragen wir jetzt die Quellen nach den örtlichen Verhältnissen im allgemeinen und nach den grundherrlichen im besonderen. Dabei versagen wir uns ein Rätselraten darüber, was denn nun als „älteste" Erwähnung Ratheims anzusehen ist. Ohnehin beziehen sich die ersten bekannten Erwähnungen nicht direkt auf den Ort, sondern auf Personen; sie sind also indirekte Erwähnungen. Zuerst ins Licht der Geschichte tritt im Jahre 1176 Johannes von Rotheim. Ob er sich nach unserem Ratheim nannte, wie nach ihm erwiesenermaßen verschiedene andere, ist freilich ungewiss. Während man im allgemeinen sagen kann, wer sich in damaliger Zeit nach einem Ort nannte, wohnte auch dort oder kam dorther, gilt das in diesem Fall nicht unbedenklich. Immerhin gab es mehrere Örtlichkeiten namens Ratheim bzw. in zeitgenössischen, noch nicht festen Schreibweisen wie Rothem, Rothen, Rothum, Rotheym u. ä.

Johannes von Rotheim erscheint zusammen mit Wilhelm Schillinc (Schilling) als Zeuge in einer Urkunde Erzbischof Philipps von Köln, als dessen Ministeriale (Lehnsleute) beide anzusehen sind. 8) Der Erzbischof war ein Sproß des Dynastengeschlechts im nahen Heinsberg und besaß um diese Zeit das Land Wassenberg, zu dem Ratheim gehörte. 9) (Die alten Grafen von Wassenberg und ihre Rechtsnachfolger waren die eigentlichen Inhaber der Grundherrschaft Ratheim; deren Bestandteile hatten sie, wie wir noch sehen werden, verlehnt oder verpachtet, so daß ihnen daran schließlich nur eine Art landesherrlichen Obereigentums verblieb.)

Das Geschlecht der Schilling sehen wir wenig später im Lehnsbesitz von Haus Hall. So drängt sich die Vermutung auf, daß der 1176 genannte Johannes von Rotheim tatsächlich mit unterem Ort zu tun gehabt haben könnte; um mehr als eine Vermutung kann es sich dabei aber vor­erst nicht handeln. Aus dem gleichen Jahrhun­dert gibt es noch mehrere Erwähnungen der von Rotheim und Schilling. Doch wir wollen die Frage, ob sie damals schon in Ratheim begü­tert waren, offenlassen, da nach unserer bis­herigen Kenntnis der Quellen sichere Schlüsse nicht möglich sind.

Die erforderliche Sicherheit scheint dann aber gegeben hinsichtlich des in einer wenig jüngeren heimischen Urkunde von 1237 als Lehns­mann des Herrn von Wassenberg bezeichneten Wilhelm von Rotheim. 10) Dies umso mehr, als er zusammen mit Sibert von Huclouen (Hückelhoven) Zeuge der Beurkundung war. 1262 erscheinen auch die Schilling in direktem Zusammenhang mit Ratheim und zwar in der Person des Wilhelm „de Halla" (von Hall) genannt Schilling. 11)

Noch dem Ende des gleichen Jahrhunderts gehört die erste urkundliche Direkterwähnung von Ratheim an: 1296 bestätigte der Ritter Wilhelm von Beddingkoven die Allodialeigenschaft (Allod = freier Eigenbesitz) seiner in der kleinen Villikation Ratheim gelegenen Güter. 12) Um was es sich dabei handelte, geht eigentlich erst aus einem Bündel von fünf weiteren Urkunden hervor, zu denen diese inhaltlich ge­hörte und mit deren Hilfe das Gangolfusstift in Heinsberg seinen Ratheimer Besitz unter Beweis stellte. 13)

Alle diese Urkunden sind in einer vom Stift angefertigten Abschrift erhalten. Sie besagen u. a., daß 1305 die Alten und „Uralten" von Ratheim eidlich die Schenkung eines Weihers bekundeten, der vor dem Kirchhof (ante cimiterium) am Mühlengrundstück und bei den Sümpfen und Weihern lag, welche zum Hof am Kirchhof (curia de cimiterio) gehörten, daß im gleichen Jahr Gottfried, Herr von Heinsberg, die Schenkung des Hofes bei der Kirche zu Ratheim an das Gangolfusstift durch dessen Dechant Arnold von Ratheim bestätigte, daß der Landesherr, der Herzog von Limburg, 1306 durch seinen Wassenberger Amtmann gleiches kund tun ließ und daß schließlich der Hof am Kirchhof 1331 von einer jährlichen Belastung befreit wurde. 14)

Bei dieser Belastung hat es sich offenbar um einen Lehnszins gehandelt. 15) Dadurch wird eine nähere Deutung der Urkunde von 1331 möglich, der zufolge sich Herzog Johann von Lothringen, Brabant und Limburg damit einverstanden erklärte, daß der Hof des Godersoeke. (der Hof am Kirchhof) von jenem Zins befreit wurde, der bis dahin jedes Jahr an den Hof des Ritters Stefan von Orsbeke abgeführt worden war, während man nun den Hof von Godersoekers Bruder Johann von Ratheim damit belastete.

Der Hof an der Kirche muß also vor dem Übergang an das Heinsberger Gangolfusstift ein Lehen der Herrschaft Wassenberg gewesen sein. Wahrscheinlich ist Ritter Stefan von Orsbeke als eigentlicher Lehnsträger und Godersoeke als Unterlehnsträger (oder Pächter?) anzusehen. Ob zwischen beiden verwandtschaftliche Beziehungen bestanden, bleibt ungewiss. Jedenfalls waren solche aber zwischen Godersoeke und Johann von Ratheim gegeben.

Die Befreiung eines Gutes von seiner Lehnseigenschaft kam bei einem Übergang an eine geistliche Korporation häufig vor. Blieb ein solches Gut Lehen, mußte diese Korporation einen weltlichen Mann zur Erfüllung des Lehndienstes (Kriegsdienstes) stellen. Für den Hof an der Kirche in Ratheim war das künftig nicht nötig, da ihn der Lehnsherr, der gleichzeitig der Landesherr war, ja freigab. Deshalb erscheint das Gut auch nicht in den Wassenberger Lehnsakten. Dafür wurde es aber in den Akten des Gangolfusstifts Heinsberg verzeichnet, das 1365 um diesen Hof erfolgreich einen Prozeß gegen die Witwe des Johann von Ratheim führte. 16) Im Jahre 1405 gab das Stift den Hof, zu dem 156 Morgen Land gehörten, an sieben Parteien in Pacht. 17)

Wie wir sahen, bestand 1331 im Ort zumindest noch ein weiterer Hof, nämlich der des Johann von Ratheim. Es läßt sich z. Zt. noch nicht feststellen, um welches der in den späteren Wassenberger Lehnsakten verzeichneten Güter (oder nicht lehnrühriges Gut) es sich dabei gehandelt hat. Die Wassenberger Herrschaft befand sich im 14. Jahrhundert in der Hand der Herzöge von Brabant und Limburg. So wurden denn auch die dazu gehörenden Lehen in den Brabanter Akten verzeichnet. Schon das älteste Lehnsbuch Herzog Johanns III. von Brabant gibt uns einen Überblick. 18) Ihm ist die Zusammenstellung der unter Ratheim gelegenen Lehen entnommen, die wir im folgenden in einer für uns zweckmäßigen Reihenfolge bieten:

  1. Gerhard, Sohn des Johann von Aldenhoven (Audenhove, Oudenhove = Aldenhoven zu Lieck b. Heinsberg), 19) hat zu Lehen 6 brabant. Mark aus dem Hof Halle, die vorher dem Johann von Brempt gehörten.
  2. Johann von Aldenhoven, Ritter, ist belehnt mit dem Hof Halle.
  3. Reinald, Sohn des Johann von Aldenhoven, besitzt Haus und Hof „ter Hallen".
  4. Johann von Aldenhoven, Ritter, besitzt zu Lehen den Hof Kobbendahl (Cobbendelle).
  5. Edmund von Brache (= Brachelen), belehnt mit 3 Hufen Land bei Halle bei Wassenberg, die jetzt sein Enkel Edmund zu Lehen hat.
  6. Godfried von Aldenhoven trägt 1 Hufe Land bei „le Halle" zu Lehen, die vorher Zeger von Bettinchusen besaß.
  7. Johann von Brempt hat 1 Hufe Land bei Halle.
  8. Johann von dem Weyer, belehnt mit 3 Hufen bei „ter Hallen".

Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß sich die drei ersten Belehnungsnotizen auf Haus Hall beziehen und die vierte auf den Hof Kobbendahl. Das 5. bis 8. Lehen sind offenbar andere Güter, obgleich sie alle „bei" Hall lie­gen, also wohl unter Ratheim, obgleich der Ort selbst — aus welchen Gründen auch immer —nicht genannt ist. Nicht einmal Haus Hall wird als bei Ratheim gelegen beschrieben, sondern (Nr. 5) bei Wassenberg. Da die Lehnsakten im weit entfernten Brüssel geführt wurden, ist hier mangelnde Ortskenntnis nicht verwunderlich.

Jedenfalls gab es mehrere Wassenberger Lehen unter Ratheim schon im 14. Jahrhundert. Aus den Registern und Akten der heimischen Was­senberger Lehnsverwaltung, die ein knappes Jahrhundert später einsetzen, lassen sie sich fortlaufend verfolgen und zwar bis zum Ende der alten Zeit. 20) Es sind außer Hall und Kobbendahl: der Hof zu Ratheim oder Winkelhauser Lehen, die Latbank Busch, der Palanter Hof und der Zehnt des Ratheimer Hofes.

In mehreren Spezifikationen wird der Besitzstand dieser Güter dargestellt, am vollständigsten wohl in Beschreibungen aus dem Jahre 1704, die wir hier benutzen. Danach gehörten (jeweils mit dem Hofgrundstück):

Zu den beiden Höfen und der Latbank gehörten demnach mehr als 400 Morgen Land. Wir setzen sie in Relation zu den Flächengrößen, die im Brabanter Lehnsbuch aus dem 14. Jahrhundert genannt sind. Darin werden insgesamt 8 Hufen verzeichnet. Die Größe einer Hufe war unterschiedlich; in unserem Raum scheinen die alten Bauernhufen vielfach 60 Morgen gemessen zu haben. 25) Daß dies auch in Ratheim gelten dürfte, zeigt die Latbank Busch mit ihren 64 Morgen Land. 25a)

Veranschlagt man die Hufen im Brabanter Lehnsbuch also zu je 60 Morgen, ergibt sich eine Gesamtfläche dieser Lehen von 480 Morgen. Berücksichtigt man, daß die oben angegebene Größe des Winkelhauser Hofes nicht vollständig ist und sich einige kleine Ungenauigkeiten eingeschlichen haben können, kommt man der für 1704 errechenbaren Gesamtfläche der drei Lehnsgüter (außer dem Zehnt) doch ziemlich nahe. So läßt sich die Annahme einer Identität nicht ohne weiteres von der Hand weisen, wenn sich auch während der dazwischen gelegenen vier Jahrhunderte andere Aufteilungen ergeben haben mögen, die alleine schon durch den Erbgang nicht auszuschließen sind.

Welche Schlüsse lassen sich nun — mit der gebotenen Vorsicht — aus den behandelten Quellen für die Ratheimer Ortsgeschichte ziehen? Hier weisen wir zunächst darauf hin, daß tatsächlich von einer Reihe von Teilungen in der lokalen Gütergeschichte ausgegangen werden muß, die wir im einzelnen nicht näher untersucht haben und auch hier nicht näher beleuchten können. Solche Teilungen hat es offensichtlich bereits vor dem 14. Jahrhundert gegeben. Anzahl und Charakter der späteren Lehnsgüter lassen außerdem keinen Zweifel daran, daß der alte grundherrliche Besitz von diesem Schicksal nicht verschont geblieben ist. Diese Verhältnisse erschweren es, den ur­sprünglichen Zustand und Umfang der Rathei­mer Grundherrschaft zu rekonstruieren, zumal wahrscheinlich ist, daß nicht der gesamte Grundbesitz zu der Villikation gehört hat, aus der die Dorfsiedlung Ratheim hervorging.

Die behandelten Urkunden und die älteren Lehnsakten lassen verwandtschaftliche Beziehungen zwischen den Inhabern der verschiedenen Güter im 14. Jahrhundert erkennen, auch zu denen von Haus Hall (vgl. Nr. 6 der Lehnsübersicht). Nun hat Haus Hall in Ratheim —wenigstens während der vergangenen vier bis fünf Jahrhunderte — in der Achtung der Einheimischen wie der Umgebung eine Art Sonderstatus und besonderes Ansehen genossen. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Der 1704 rund 352 Morgen große Besitz 26) war nach außen hin (wenn auch nicht immer lehnsrechtlich) ungeteilt und präsentierte sich mit dem Wasserschloß als stattlicher Rittersitz. Dieser Besitz verband sich mit dem Patronat über die Ratheimer Kirche und dem örtlichen Jagdrecht. 27) Das Bild hat die lokalen Geschichtsschreiber in der Vergangenheit offenbar so beeindruckt, daß sie die ganze Ratheimer Ortsgeschichte in Haus Hall münden ließen und den Rittersitz an den Anfang der Dorfhistorie stellten.

Aber das Bild täuscht; es täuscht vor allem darüber hinweg, daß das, was uns in den Quellen seit dem späten Mittelalter als großer feudalistischer Besitz entgegentritt, seinen Zustand historischen Zufälligkeiten verdankt. Es hat gleich große und gleich bedeutende Güter gegeben, denen das Schicksal weniger hold war, die schon vor vielen Jahrhunderten infolge der hierzulande auch beim feudalistischen Grundbesitz üblichen Realerbteilung in mehrere Splisse auseinanderfielen und dadurch in der Rückschau als unbedeutend erscheinen.

Dieses Schicksal scheinen die beiden anderen Ratheimer Güter, der nach Lehnsträgern des 15./16. Jahrhunderts benannte Palanter und Winkelhauser Hof, zu teilen. Es gibt Anzeichen dafür, daß beide ursprünglich ein Gut bildeten und als solches mit dem Ratheimer Fronhof identisch waren. Diese Funktion kann innerhalb der örtlichen Grundherrschaft Haus Hall, so wie es sich uns seit dem 13./14. Jahrhundert darstellt, nicht besessen haben. Denn einmal gehört es nicht zur Dorfsiedlung Ratheim 28) und zum andern verband sich damit auch nicht der Besitz des großen Zehnts, der meistens in der Hand des Grundherrn war, soweit er nicht an die Kirche überging oder veräußert wurde.

Für die Annahme, daß Winkelhauser und Palanter Lehen ursprünglich als Fronhof zu Ratheim ein Ganzes gewesen sind, spricht im übrigen folgender Befund:

Die Hofgrundstücke beider Güter lagen in der Mühlenstraße nahe beieinander; 29) sie waren also im alten Dorfkern an der Kirche angesiedelt. Auch ihre Ländereien sind in den einzelnen Flurbereichen vielfach benachbart. Der Winkelhauser Hof wird als „Hof zu Ratheim" bezeichnet. 30) Zu ihm gehörte der (große) Ratheimer Zehnt, der später als separates Wassenberger Lehen unter der Bezeichnung Passarts- oder Bastardszehnt deutlich vom „Haller Zehnt" unter­schieden wird. 31) Außerdem gehörte zum Winkelhauser Hof ein Latgericht (Latbank); die Laten entrich­teten neben anderen grundherrlichen Ge­fällen an den Hofesinhaber die typische Kurmede. 32) Da aus den Einkünften des Winkelhauser Lehens jährlich an das Gangolfusstift in Heinsberg 3 1/2 Malter Roggen, etwas über 3 Malter Hafer und 16 Kapaunen ge­liefert wurden, 33) ist es denkbar, daß ein Zusammenhang mit dem 1305 an das Heinsberger Stift gelangten Hof am Kirch­hof bestanden hat, zumal beide Höfe in etwa benachbart gewesen sein müssen. Aus dem ursprünglich mit dem Winkelhau­ser Hof verbundenen großen Zehnt erhielt die Ratheimer Kirche bzw. der Pastor ein Drittel; der Zehntinhaber mußte das Kirchenschiff unterhalten sowie für die Bauern in der Pfarre das Zuchtvieh (Stier) stel­len. 34) Dies war eine übliche Zehntver­pflichtung, wie man sie auch in zahlreichen anderen grundherrlichen Kirchdörfern an­trifft. Übrigens hieß 1704 der Hauptpächter des in 80 bis 90 Anteile versplissenen Zehnts Claß Hoyen, und derselbe führte auch als Halfmann für den Lehnsträger des Winkelhauser Hofes auf diesem Gut die Wirtschaft. 35) Hier wird noch einmal der alte Zusammenhang zwischen Hof und Zehnt sichtbar. Schließlich findet sich eine weitere Bestätigung diese Sachverhalts in der Niederschrift über die Kirchenvisitation von 1582, in der man feststellte, daß der Ratheimer Pastor den dritten Teil des Zehnts bezog, der Junker Johann von Win­kelhausen die beiden anderen Teile. 36)

Im 16. Jahrhundert brachte der Zehnt des Ratheimer Hofes etwa 30 Paar Korn ein, der Haller Zehnt ebenso viel. 37) So drängt sich auch hier der Verdacht auf, die ursprüngliche Ge­samtmasse des Ratheimer Zehnts könnte zwi­schen dem ehemaligen Fronhof und Haus Hall aufgeteilt worden sein. Was das Kirchenpatronat betrifft, befand es sich in jüngerer Zeit zwar im Besitz von Hall, 38) es gibt jedoch keine sichere Nachricht darüber, ob dies auch schon für das 14. Jahrhundert oder eine noch frühere Zeit galt. 39) Da der Besitz von Patronat und großem Zehnt als ursprünglich zusammengehörig anzusehen ist, besteht sogar mehr Wahrscheinlichkeit, daß Hall erst später das Patronats- bzw. Kollationsrecht übernommen hat.

Dazu ist es wohl durch den Erbgang gekommen. Denn dieses Recht war zwar von Bedeutung, trug aber seinem Inhaber außer der Möglichkeit, Familienangehörige oder sonstige Verwandte mit der Pfarrstelle zu versorgen, keine Vorteile ein. Lukrativer war dagegen der Besitz des großen Zehnts, selbst dann noch, wenn davon ein Teil an die Kirche abgeführt werden mußte. Wenn nun auch Haus Hall über einen Zehntanteil verfügte, so ist doch der große oder Ratheimer Zehnt der des Ratheimer Hofes. Im übrigen scheint dessen zehntbare Fläche wesentlich größer gewesen zu sein. 40) Ohne das Patronatsrecht verbindet Haus Hall nichts mehr mit den lokalen grundherrlichen Strukturen, soweit es die Strukturen eines Fronhofsverbandes sind. Daß zu Hall außer zwei Unterlehen — davon eins unter Hückelhoven — auch Latgüter gehört haben, ist in diesem Zusammenhang unerheblich; denn diese Güter lagen außerhalb, in Golkrath und Doverack, und sind als Zuerwerbungen anzusehen. 41)

Es darf also mit einiger Sicherheit angenommen werden, dass die Dorfsiedlung Ratheim aus einem grundherrlichen Fronhofsverband hervor­gegangen ist, zu dem eine Eigenkirche und —wie die Quellen verraten — eine Mühle gehör­ten. Der Fronhof dürfte an der Mühlenstraße zu suchen sein, die davon abhängigen alten Bauernstellen überwiegend an der Kirchstraße. Dieses Siedlungsbild findet noch im Urkataster aus den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts seine Bestätigung. 42) Die Struktur der Villikation rechtfertigt im übrigen eine Datierung vor die Jahrtausendwende. Dagegen sind Gendorf (angen Dorf) und Vogelsang ebenso wie der im sumpfigen Bruch gelegene Ohof und die Vennstraße spätere Gründungen.

Die Frage, wie Haus Hall siedlungsgeschichtlich zu beurteilen ist, läßt sich nicht leicht beantworten. Die Anlage in ihrem heutigen Zustand als ebenerdiges, von Gräben umgebenes Herrenhaus geht schwerlich über das hohe Mittelalter hinaus. 43) Doch scheint zu dieser Zeitstellung nicht der Name zu passen. Er dürfte auf das althochdeutsche Wort „hala" in der Bedeutung Decke, Dach, Schutz und Schirm zurückgehen 44) und ein (eventuell hallenartiges) festes Gebäude meinen. Die Bezeichnung — nach den Quellen des 14. bis 16. Jahrhunderts „zur Hallen" (ter Hallen) — passt jedenfalls wenig in die Sprachlandschaft der Zeit, aus der die von uns benutzten schriftlichen Nachrichten stammen. Es steht der Annahme nichts im Weg, dass sie in die fränkische Zeit zurückgeht. Dies wiederum passt zu der einleitend angedeuteten Möglichkeit einer fränkischen Siedlung im Ratheimer Bereich. Doch wird sich eine solche Annahme nur durch die Archäologie bestätigen lassen.

Allein von archäologischer Seite her ist wohl auch Aufschluss zu erwarten über die Zeitstellung der für die örtliche Siedlungsgeschichte mit Sicherheit bedeutsamen Erdhügelanlage „Schenkelesberg", einer sogenannten Motte. Sie liegt in der Flur Winkelhauser Busch, die an den Palanter Busch grenzt. Finden wir hier wiederum Ländereien der beiden gleichnamigen Ratheimer Lehen in enger Nachbarschaft, so scheint damit nicht nur zwischen Busch und Hof, sondern auch zwischen Motte und Hof eine Beziehung sichtbar zu werden.

Für diese Beziehung spricht ferner ein Weg, der „Schröferweg", der im Winkelhauser Busch neben der Motte begann, nach dem Urkataster quer durch die alte Flurparzellierung führte, an­dere Wege kreuzte und in der Kirchstraße am Winkelhauser Hof endete. 45) Man wird diese Topographie kaum als Zufall betrachten kön­nen. Freilich war der Ratheimer Fronhof älter als die heute vom Wald bedeckte Erdhügel­burg. Die Mottenburgen am Niederrhein gehö­ren im großen und ganzen dem 10. bis 13. Jahr­hundert an, 46) während der Ratheimer Fronhof zumindest in die Karolingerzeit zurückgehen dürfte (andererseits aber kaum vor dem 8. Jahr­hundert entstanden sein kann). 47)

Es wäre denkbar, wenn auch nicht beweisbar, dass der Ratheimer Fronhofsherr im 10./11. Jahrhundert aus der kleinen Dorfsiedlung „aussiedelte" und auf die neu angelegte Mottenburg zog, wie das auch andere seiner Standes- und Zeitgenossen getan haben. Irgendwann kehrte er aber dann wieder in das Dorf zurück und gab die Motte auf. Möglicherweise, so muss wiederum einschränkend gesagt werden, fiel dieser Abstieg von der Höhe des Burghügels mit einer Teilung des grundherrlichen Gesamtbesitzes Ratheim zusammen. Während der eine Zweig des Ratheimer Geschlechtes nun eine feudale ebenerdige Wasserburg errichtete, wie es der hochmittelalterlichen Gepflogenheit im nördlichen Rheinland entsprach, 48) ließ sich der andere wieder in der bäuerlichen Dorfsiedlung an der Mühlenstraße nieder.

Auf diese Weise wäre die Entstehung von Haus Hall denkbar und auch die Übernahme des Kirchenpatronats bei dieser Gelegenheit. Je­denfalls kann das Patronat schon deshalb nicht ursprünglich bei Haus Hall gelegen haben, weil sonst die Frage plausibel beantwortet werden müsste, für wen denn der Herr eines Einzelhofs eine Dorfkirche hätte errichten sollen. Bleibt die Möglichkeit, dass der erste Herr von Haus Hall aus der Dorfsiedlung ausgezogen war, um sich abseits eine Wasserburg zu errichten. Dann aber hätte er das Patronat aus der Grundherrschaft über den Fronhofsverband Ratheim mitgenommen.

Ist Hall dagegen — an der gleichen Stelle oder einer anderen — aus einem fränkischen Einzel­hof hervorgegangen, lässt sich der spätere Pa­tronatsbesitz immer noch aus einem Verwandt­schaftserbe erklären, wie ein solches ja für das 14. Jahrhundert zwischen Inhabern von Rathei­mer Lehnsgütern nachgewiesen ist. Damit sind im wesentlichen alle Möglichkeiten durchgespielt.

Unsere Überlegungen mögen zum Teil umständlich und kompliziert erscheinen. Sie entsprechen aber der Problematik dieser Ortsgeschichte und den zunächst nicht leicht zu vereinbarenden Nachrichten der schriftlichen Quellen. Wir wollen nun noch versuchen, in die Überlegungen die Frage nach dem Beginn der eigenständigen kirchlichen Geschichte von Ratheim mit einzu­beziehen, zumal sie sich, weil wir von einer grundherrlichen Eigenkirche sprechen, nicht von der Profangeschichte trennen läßt.

Mit Sicherheit war Ratheim zu Beginn des 14. Jahrhunderts eine Pfarrgemeinde. In der Urkunde von 1306, durch die Arnold von Ratheim als Dechant des Heinsberger Gangolfusstifts diesem den Hof am Kirchhof übertrug, heißt es, der Übertragungsakt sei „im Beisein der Pfarrangehörigen der genannten Villikation Ratheim" auf offener Straße vollzogen worden. 49) Die Kirche ist schon ein Jahr früher nachweisbar. Innerhalb des alten Dekanates Wassenberg, Diözese Lüttich, zu dem sie gehörte, unterschied man wie im benachbarten Dekanat Süsteren, das hier bis zur Rur reichte, zwischen ganzen, halben und Viertelskirchen (ecclesiae integrae, mediae, quartae capellae). Das war sicher eine Rangeinteilung; ihre endgültige und überzeugende Deutung ist aber bisher nicht gefunden worden. 50)

Wir messen ihr für die Frage des Altars einer Kirche nur bedingt Bedeutung zu, zumal bisweilen für ein und dieselbe Kirche ein verschiedener Rang angegeben ist. So wird die Pfarrkirche Ratheim, die mit allen Parrochialrechten wie Taufe, Trauung und Bestattung ausgestattet war, 1520 als ecclesia media bezeichnet. 51) 1550 heißt es: „Roetem ist eine moderkirch" (Mutterkirche). 52) In Visitationsprotokollen des 17. Jahrhunderts und von 1712 erscheint sie abwechselnd zweimal als ecclesia integra und zweimal als ecclesia media. 53)

Uns scheint die Feststellung wichtiger, dass der Ratheimer Kirche in älterer Zeit trotz der Bezeichnung „Mutterkirche" von 1550 keine Filialkirche unterstellt war und sich der Pfarrsprengel nur über die einzelnen Ratheimer Ortsteile sowie das nahe Millich erstreckte. 54) Nach jüngeren Untersuchungen über die kirchliche Organisation in der benachbarten Herrschaft Heinsberg, 55) die schon wegen ihrer engen historischen Beziehungen zur Herrschaft Wassenberg zum Vergleich herangezogen werden kann, und im Zusammenhang mit unseren Fest­stellungen über die grundherrliche Herkunft der Ratheimer Kirche spricht dies nicht für den Status einer „Urkirche", die sich durch einen weiträumigen Sprengel auszeichnet.

Allerdings sind Kirchen mit einem kleineren Pfarrbezirk nicht unbedingt jünger als die anderen; es hat sich gezeigt, dass auch sie vielfach noch der karolingischen Epoche zugerechnet werden müssen. Diese Entstehungszeit kann auch für die Ratheimer Kirche angenommen werden. Sie passt ebenso zu ihrem Patrozinium St. Johannes Baptist wie in das Bild der örtlichen Grundherrschaft.

Bezeichnenderweise war hier die Grundherrschaft so stark, daß das Kirchenpatronat nicht wie in vielen anderen Dörfern in die Hand von Auswärtigen geriet bzw. in späterer Zeit an den Landesherrn. Sieht man es freilich aus dem Blickwinkel der Kirchengemeinde und der seelsorglichen Belange, haben die Rathei­mer davon keine Vorteile gehabt.


Anmerkungen und Quellen

1) Über die Ratheimer Geschichte ist bislang eine An­zahl teils verdienstvoller Aufsätze veröffentlicht worden, aber ohne dass darin die sich für die lokale Siedlungsgeschichte und Geschichte der Grundherr­schaft ergebenden Probleme auch nur gesehen wurden. Auf die Problematik wurde vor einigen Jahren im Zusammenhang mit Fragen der Ortsgeschichte von Myhl-Altmyhl aufmerksam gemacht; L. Gillessen, Die Siedlungen Myhl und Altmyhl, in: Sieben Jahrhunderte Myhl (1971), S. 26 ff.

2) Aus der Ortskartei des Rhein. Landesmuseums Bonn.

3) Jürgen Driehaus in einem Referat über vorläufige Ergebnisse der archäologischen Landesaufnahme im Kreis Erkelenz, gehalten am 4. 4. 1966 in Erkelenz.

4) Severin Corsten, Das Heinsberger Land im frühen Mittelalter — Fränkische Kolonisation zwischen Maas und unterer Rur, in: Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein 1961, S. 5 ff.

5) Adolf Bach, Deutsche Namenkunde II 1, §§ 309 und 297.

5a) Freundliche Mitteilung von Herrn Oberstudiendirektor i. R. Friedel Krings, Erkelenz.

6) F. Rütten und A. Steeger, Studien zur Siedlungs­geschichte des niederrheinischen Tieflandes I und II, Rheinische Vierteljahresblätter 2, IV.

7) Franz Steinbach, Die rheinischen Agrarverhältnisse bis zum 12. Jahrhundert, in: 1000 Jahre deutscher Geschichte und deutscher Kultur am Rhein (Düssel­dorf 1925), S. 67 ff.

8) Th. J. Lacomblet, Urkundenbuch für die Geschichte des Niederrheins (Lac. UB), Düsseldorf 1840 ff, Bd. I Nr. 460.

9) Derselbe, Archiv für die Geschichte des Nieder­rheins, Bd. IV S. 357 (S. 356: Hec sunt allodia que dominus Philippus Coloniensis archiepiscopus acquisiuit ).

10) Lac. UB II Nr. 221.

11) Ebd. Nr. 519.

12) Richard Pick, Urkunden zur Geschichte des Pfarr­dorfes Ratheim, in: Zeitschrift des Aachener Ge­schichtsvereins VI, S. 191.

13) Ebd. Anm. 2 und S. 192.

14) Ebd. S. 191-195.

15) Hauptstaatsarchiv Düsseldorf (HStD), Gangolfusstift Heinsberg Handschriften (Hs.) I, S. 186.

16) HStD Gangolfusstift Hsbg. Urkd. Nr. 66.

17) Ebd. Hs. I, S. 190-209.

18) Zugrunde liegt das Werk von L. Galesloot, Le livre des feudataires de Jean III. duc de Brabant in den von Frh. von Negri veröffentlichten Auszügen; Die Heimat, Heinsberg, 1926 Nr. 10, S. 74 ff.

19) Vgl. Severin Corsten, Dreimal Aldenhoven, in: An­nalen des Historischen Vereins für den Niederrhein 168/169, S. 287 ff; derselbe, Herr Gerhard von Alden­hoven mit dem Barte und seine Sippe, in: Mitteilun­gen der Westdeutschen Gesellschaft für Familien­kunde, Bd. 20 (1961) Heft 3/4, Spalte 121-132.

20) HStD Jülicher Mannkammerlehen Wassenberg (JMKL) Nr. 100a ff. Vgl. L. Gillessen, Die ältesten Lehns­register der Mannkammer Wassenberg, in: Heimat­kalender Erkelenz 1971, S. 111 ff.

21) HStD, JMKL Wssbg. Nr. 102, fol. 397 ff.

22) Ebd. fol. 401 ff.

23) Ebd. fol. 399 ff.

24) Ebd. fol. 405 f.

25) vgl. L. Gillessen, Grundherrschaft und Siedlung —Über Struktur und Alter der Fronhofsverbände im Heinsberger Land (Heinsberg 1962), S. 24 ff.

25a) Als Latbank bezeichnet man das Hofgericht, das grundherrliche Gericht eines Fronhofverbandes, dem die Laten unterworfen waren. In der Spätzeit wurde die Bezeichnung bisweilen auch auf die Latgüter selbst angewendet, vor allem dann, wenn sie vom Fronhof abgetrennt waren.

26) HStD, JMKL Wssbg. Nr. 102, fol. 430.

27) Ebd. fol. 428 v.

28) Die Tranchotkarte (französische Aufnahme von 1806/ 1807) zeigt diese topographischen Verhältnisse noch sehr anschaulich; Haus Hall ist vom historischen Ortsmittelpunkt an der Kirche rund 750 m in der Luftlinie entfernt.

29) HStD, JMKL Wssbg. Nr. 102, fol. 397. Danach lag der Winkelhauser Hof gegenüber dem „muhllen weyer" und dem „gemeinen hoff weg"; an der einen Seite grenzte „Herr von Coulenberg Erb" an. Die vom Koulenberg waren um diese Zeit mit dem Win­kelhauser Hof belehnt. In der zeitgleichen Spezi­fikation dieses Gutes heißt es (ebd. fol. 401), das Hofgrundstück liege gegenüber („vorhaupt") von „Winckelhauses Hoffrecht".

30) Ebd. fol. 387; aber auch bei vielen früheren Beleh­nungen, so z. B. im Jahre 1454; HStD, JMKL Wssbg. Nr. 100a, fol. 20.

31) HStD, JMKL Wssbg. Nr. 100a, fol. 20: alsulch as der selue hoff (der „hoff zo Roitheim") zo wassenberg myt der zeenden zo leene gehoirt.

32) Ebd. Nr. 102, fol. 398.

33) Ebd.

34) Ebd. fol. 405 v. Einen weiteren Zehntanteil im Ratheimer Feld, über dessen Herkunft nichts bekannt ist, hatte die Äbtissin von Süsteren inne; Otto R. Redlich, Jül.-Bergische Kirchenpolitik am Ausgang des Mittelalters und in der Reformationszeit (Bonn 1911) II. Bd., S. 756.

35) HStD, JMKL Wssbg. Nr. 102, fol. 398.

36) Redlich a. a. 0.

37) HStD, JMKL Wssbg. Nr. 100b, fol. 20/21 (von 1506 und 1550 bzw. 1530).

38) Ebd. Nr. 102, fol. 428 v: Ist auch zu dem hauß vnd vorhin beschriebenen Lehn zur hallen gehorigh die Collation der Pastorey, vicary vnd custerey zu ratheim.

39) los. Strange, Beiträge zur Genealogie der adligen Geschlechter H. 6 (Köln 1868), S. 61 ff, spricht zwar von der Kollation als einem „alten" Recht des Hau­ses Hall, kann aber auch seinerseits für dessen Ausübung keinen über das 16. Jahrhundert hinaus­gehenden Beleg nennen.

40) Wie groß sie genau war, wußte man auch 1704 nicht mehr; denn, so heißt es damals bezeichnenderweise, dies könne „auch nit ördentlich gemessen werden oder daß gantze kirspell ratheim muß gemessen werden"; HStD, JMKL Wssbg. Nr. 102, fol. 405 f.

41) Strange a. a. 0, S. 55 ff.

42) Urkataster beim Katasteramt der Kreisverwaltung des Kreises Heinsberg (in Erkelenz).

43) Vgl. Herrn. Hinz, Über frühe Burgen und Siedlungen am Niederrhein, in: Niederrheinisches Jahrbuch IV, S. 7 ff.

44) E. G. Graff, Althochdeutscher Sprachschatz (Darm­stadt 1963).

45) Zur Topographie vgl. Gillessen, Die Siedlungen Myhl und Altmyhl, S. 47 f (mit Karte).

46) Hinz a. a. 0.; Michael Müller Wille, Mittelalterliche Burghügel („Motten") im nördlichen Rheinland (Köln 1966), S. 10 ff.

47) Die Anfänge der skizzierten grundherrlichen Orga­nisation liegen frühestens im 7./8. Jahrhundert; vgl. Friedr. Lütge, Deutsche Sozial und Wirtschafts­geschichte (Berlin 1952); Steinbach a. a. 0.

48) Hinz a. a. 0.

49) Pick a. a. 0., S. 193; s. a. Anm. 14: presentibus parrochianis dicte ville de Roetheym.

50) Vgl. Heribert Heinrichs und Jakob Broich, Kirchen­geschichte des Wassenberger Raumes (Geilenkir­chen 1958), S. 232, wo die verschiedenen älteren Ansichten — darunter auch die des früheren Ratheimer Pfarrers Drouven — dargelegt sind.

51) Ebd. S. 245, in einem von den Verfassern erstmals veröffentlichten Verzeichnis der Pfarrer und Kirchen des Dekanates Wassenberg.

52) Redlich a. a. 0., S. 753.

53) Diözesanarchiv Lüttch; Visitationes Archidioconatus Campiniae, Reg. F 135, fol. 122 vo; Reg. F 136, fol. 90 vo; Reg. F 137, fol. 131 vo.

54) Die Zugehörigkeit von Millich zur Pfarre Ratheim geht u. a. auch aus den Wassenberger Amtsrechnungen hervor, wenn etwa die Rechnung von 1558/ 1559 die Umschreibung des Amtes nach Gerichtsbezirken, Kirchspielen, Dörfern und Höfen darstellt und dabei „Ratheim sampt Millick" nennt; HStD Jülich-Berg III R Wssbg. Nr. 3, fol. 193 v. Wegen gleicher Schreibung ist Millich im lokalen Schrifttum häufig mit Melick b. Herkenbosch (Ndl.) verwechselt wor­den; dazu vgl. Gerh. Venner Plaatsnaamperikelen bijgeschiedkundig onderzoek, in: De Klepper, contact­orgaan heemkundevereniging „Roerstreek", 6. jaar­gang no. 2, S. 3 ff.

55) Corsten, Heinsberger Land S. 50 ff.


Entnommen aus: LATOUR, Hans (Hrsg.) (1973): Beiträge zur Geschichte der Pfarrgemeinde Ratheim. - Eigendruck vom 16.12.1973 anlässlich der Erweiterung der Pfarrkirche.