D'r Bischoff kömmt

von Johannes Bürger
 

"D'r Bischoff kömmt ..." so hieß es früher alle 5 Jahre in der Gemeinde. Da unsere Pfarre zahlenmäßig viel kleiner war als heute, fanden keine "Zwischenfirmungen" statt, sondern Visitation und Firmung fielen in regelmäßigen 5jährigen Abständen zusammen. Abwechselnd kam einmal der Diözesanbischof und einmal ein Weihbischof zu Besuch. So kam es, dass mein Vater etwa im Jahre 1912 von Felix Kardinal von Hartmann, Erzbischof von Köln, gefirmt wurde. Das Bistum Aachen gab es damals noch nicht.

Der Tag des Bischofsbesuches war ein Festtag für die ganze Pfarre. Der Tag war arbeits­und schulfrei.

Der Bischof wurde an der Pfarrgrenze von Reitern und Kindern auf geschmückten Fahrrädern abgeholt. Seitdem die Bischöfe mit PKWs kamen, stiegen sie dabei in einen von Pferden gezogenen "Landauer" um. Durch die fahnengeschmückten Straßen fuhren sie dann bis zur Stelle des Empfanges.

Auf der Vennstraße, etwa in der Gegend der früheren Schuhfabrik Kleinen*, war ein Triumphbogen errichtet; bis dahin zog die ganze Pfarrgemeinde mit Pfarrer und Messdienern dem Bischof entgegen. Die Straßen waren von vielen Gläubigen, vor allem auch von Müttern mit kleinen Kindern, gesäumt. Unter dem Triumphbogen war eine Kniebank aufgestellt, an die der Bischof herantrat, niederkniete und das ihm vom Pfarrer dargereichte Kruzifix küsste. Der Pfarrer hielt die Begrüßung. Ein weißgekleidetes Mädchen trug ein Gedicht vor. Der Kirchenchor sang. Ein Vertreter der Zivilgemeinde begrüßte den hohen Gast.

Dann wurde der Bischof in Prozession unter einem Baldachin mit Musikbegleitung unter Glockengeläut zur Kirche geleitet. Dort fand dann - oder am nächsten Morgen - der Gottesdienst statt, und danach war die eigentliche Firmung. (Die äußerliche Besonderheit an der Firmung war für uns Kinder, dass sie von einem "gelinden" Backenstreiche begleitet wurde, und die Kinder erzählten sich, dass bei diesem Bischof der Backenstreich gelinde und bei einem anderen etwas stärker ausfiel.)
Nach der Spendung des Firmsakramentes hielt der Ratheimer Kaplan eine Katechese mit den Kindern, bei der ihn der Bischof nach einiger Zeit ablöste. Danach zog der Bischof mit seiner Begleitung ins Pfarrhaus, von wo aus dann die vor­geschriebenen Formalitäten der Visitation erfolgten.

Über die Mittagessen mit dem Bischof erzählten unsere Eltern köstliche Geschichten. So diese: Der treue Nachbar des Pastors servierte bei Tisch. Gegen Ende des Essens sagte er - um feinstes Hochdeutsch bemüht: "Trinken Sie nur noch ein Glas Wein, Herr Bischof. Er ist gut. Ich habe ihm selbst probiert."

Zu einem Bischofsbesuch in Ratheim gehörte auch immer ein Besuch bei der Familie Spies von Büllesheim auf Haus Hall. Ich weiß aber auch, dass, als Bischof Johannes Josef van der Velden 1947 zur ersten Visitation nach Ratheim kam, Pfarrer August Pütz darauf drängte, dass er eine kinderreiche Familie in der Buscher Siedlung besuchte.

Das alles war sehr schön und eindrucksvoll. Aber die Firmung kam dabei doch wohl etwas zu kurz. Man hatte zwar vor dem Firmtermin an einigen Sonntagnachmittagen am so genannten Firmunterricht in der Kirche teilgenommen. Aber man kann sich vorstellen, was bei manchmal bis zu 100 Firmlingen dabei herauskam. Eine Vorbereitung in dem Sinne, wie wir sie heute kennen, gab es einfach nicht, und auch nach der Firmung war nichts mehr.

(aus dem Pfarrbrief Dezember 1986)


* Anmerkung Helmut Winkens: der heutige "Venner Hof"



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